Fasten

Ruth Stein

Von Schulpfarrerin
Ruth Stein

´Fasten …` Wenn Sie das im Flugzeug sitzend lesen würden, würden Sie sicher einen anderen Zusammenhang herstellen als Sie das jetzt tun, Sie würden wahrscheinlich sofort ergänzen: ´Fasten … your seatbelts`! Schnallen Sie sich an, schließen Sie den Sicherheitsgurt, machen Sie ihn fest! Das englische Verb und unser deutsches Wort ´fasten` haben tatsächlich den gleichen Ursprung. Das althochdeutsche Wort ´fasten` heißt ´schließen, festhalten`. Und unser heutiges Verständnis des Wortes setzt ja voraus, dass wir beschließen, auf etwas zu verzichten, und das dann auch einhalten, an Fastenregeln und Geboten festhalten.

Über das Wort hinaus bietet die Situation im Flugzeug aber noch mehr Analogien.

Die meisten von uns sitzen wahrscheinlich im Flugzeug, wenn es in den Urlaub geht, wenn wir frei haben, nicht arbeiten gehen, eine Auszeit vom Alltag nehmen, etwas Anderes erleben oder ein fremdes Land kennenlernen wollen. Das heißt aber gleichzeitig, auf Gewohntes zu verzichten, auch auf so vordergründige Dinge wie das vertraute Essen oder das eigene Bett. Ob wir Süßigkeiten oder Alkohol fasten, aufs Auto oder auf das Fernsehen verzichten, es geht auch beim Fasten darum, das Alltagsverhalten zu unterbrechen, neue Erfahrungen zu machen und sich andere Horizonte zu erschließen.

Mut und Entschlossenheit braucht man für beides. Die Fähigkeit zu fliegen ist den Vögeln vorbehalten und es braucht Vertrauen in die Technik und für viele Menschen eine  Portion Überwindung, in ein Flugzeug zu steigen. Und wer fastet, weiß auch, wieviel Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen das kostet.

Geschenkt bekommen wir aber dafür im Flugzeug den unbeschreiblichen Anblick über weite Landschaften bei Tag oder nachts das glitzernde Lichtermeer von Städten tief unter uns. Fliegen zu können ist ein uralter Menschheitstraum und den Zusammenhang mit dem Fasten hat der Kirchenvater Johannes Chrysostomus vor über 1500 Jahren wunderbar formuliert:

´Das Fasten ist die Sprache der Seele. Wie die körperliche Speise stärkt, so macht das Fasten die Seele kräftiger und verschafft ihr bewegliche Flügel, hebt sie empor und lässt sie über himmlische Dinge nachdenken.`

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